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Lohnt sich der Film: „The Killer“ (2023)

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Lohnt sich der Film: „The Killer“ (2023) – ein Unikat in dieser Epoche.

David Finchers neuester Streifen „The Killer“, mit Michael Fassbender in der Hauptrolle, ist ein Kinoerlebnis, das die Gemüter spaltet. Fincher, bekannt für seine akribische Regie in Filmen wie „Fight Club“, „Se7en“ und „Gone Girl“, bringt seinen unverkennbaren Stil in diesen Thriller ein. Fassbender, gefeiert für seine Rollen in „X-Men“ und „Steve Jobs“, liefert eine fesselnde und rätselhafte Darstellung.

„The Killer“ ist ein Film, der sein Publikum zu teilen scheint. Einerseits ist er ein visuell beeindruckendes Werk, das Finchers Auge fürs Detail und seine Fähigkeit, eine packende Atmosphäre zu schaffen, zur Schau stellt. Die Kameraführung ist erstklassig, jedes Bild akribisch gestaltet. Auch das Sounddesign und die Filmmusik sind bemerkenswert und tragen zum immersiven Erlebnis des Films bei.

Fassbenders Darstellung des Killers ist einer der stärksten Punkte des Films. Er bringt eine eiskalte Intensität in die Rolle, verkörpert einen Charakter, der sowohl kalt als auch berechnend ist. Seine Performance ist nuanciert und vermittelt eine Tiefe unter der stoischen Fassade des Killers. Der Film dringt jedoch nicht tief in seine Hintergrundgeschichte oder Motivationen ein und überlässt vieles der Interpretation des Publikums.

Das ist kein Problem des Films, des Buchs, des Regisseurs oder des Hauptdarstellers. Es ist ein Problem unserer Zeit. Das aber nicht, weil Filme heute so sind, sondern weil Filme heutzutage den „Erklärbär“ geben müssen. Ein Plot und eine Ausarbeitung des Hauptcharakters wie in „The Killer“ wäre in den 1960er oder 1970er Jahren gefeiert worden. Heute wird er kritisiert: die Zuschauer wollen alles hergeleitet wissen und en Detail erklärt haben. Woher kommt der Protagonist, wie kam es zu seinen Ansichten, warum handelt er wie er handelt.

Aber genau das ist Fincher egal. Wichtig ist, wie Fassbender sich nicht, wie sonst üblich, als Halbgott betrachtet, „nur“ weil er Menschen tötet. Im Gegenteil. Seine monströsen Taten erscheinen ihm nichtig, verglichen mit dem, was sonst an nur einem Tag in der Welt geschieht. Aber nicht im nihilistischen Sinne. Es wird von der ersten Sekunde an klar, dass hinter der Fassade des eiskalten Killers ein Mensch lebt. Der sich schützen muss. Durch Rationalität.

Fassbender gibt nicht den narzisstischen und oder psychopathischen Killer, der emotionslos mordet und daran Spaß hat. Er zeigt jemanden, der etwas tut, weil… nun weil er eben nichts Besonderes ist. Er kennt seinen Platz, er kennt seine Schwächen. Und ein festes Regelwerk hilft ihm dabei, zu überleben.

Und dieses Regelwerk wird mit einem kleinen „Fehler“, einer kleinen „Unachtsamkeit“, einem kleinen „Versäumnis“ und den Schwierigkeiten die für ihn daraus entstehen, massiv belastet. Auch wenn der Fehler keiner war, sondern einfach eine Verkettung unglücklicher Umstände.

Und im Rahmen der Schwäche, die sein Regelwerk erleidet, wird meisterhaft der innere Konflikt Fassbenders dargestellt. Meisterhaft, weil lange vor dem zuckenden Augenwinkel klar ist: dieser Mensch agiert nicht mehr in der Rolle, die ihm sonst so viel Sicherheit bietet.

Die Erzählung von „The Killer“ ist der Punkt, an dem die Meinungen auseinandergehen. Der Film hat ein altmodisches Gefühl, erinnert an klassische Krimi-Thriller, aber mit einem modernen Dreh. Es ist kein typischer actiongeladener Auftragskiller-Film; stattdessen wählt er einen introspektiveren Ansatz, der sich auf den Geist und die Machenschaften des Killers konzentriert.

Dieses langsamere Tempo und der Mangel an übertriebenen Actionsequenzen sind offensichtlich dieser Tage deplatziert, denn was vor einigen Jahren noch als Action Thriller verkauft worden wäre, ist heute „lahmes Charakterkino“ für so Einige. Lahm ist indes nur die Verrohung und sensorische Überfrachtung einiger Zuschauer. Die Kämpfe, die Verfolgungsjagden, die „Standoffs“ in „The Killer“ sind atemberaubend. Sie sind – mit einer Ausnahme – nicht sehr laut, aber sie wirken. Sie wirken gefährlich. Sie wirken tief. Sie wirken nach.

Das Gefühl der Unruhe und der (negativen) Erwartung, das mehr und mehr aufgebaut wird, kulminiert in der Begegnung zweier für das Genre und den „Job“ typischen Archetypen, einer davon meisterhaft gespielt von Tilda Swinton. Was sie zu sagen hat ist so bedeutsam wie das, was danach geschieht. Spoiler? Spoiler: Es geht um Entscheidungen. Lebensentscheidungen. Und spontane Solche.

Zusammenfassend ist „The Killer“ ein Film, der wahrscheinlich Fans von Finchers Arbeit und denen, die einen tiefen und profunden Ansatz beim Geschichten erzählen schätzen, gefallen wird. Obwohl er Freunde des fulminanten Endes vermutlich in den letzten Minuten massiv enttäuschen wird, ist er doch einer der Filme die nachhallen. Und damit eben ein typischer Fincher.

Der Film lohnt sich, für jeden. Es ist nur die Frage ob jeder den Film zu schätzen weiß, gehört er doch irgendwie überhaupt nicht in unsere sich selbst überholende Zeit.

Aktuell ist „The Killer“ (2023) auf NETFLIX zu sehen. (Externer Link)